Der im April 1972 geborene, schwerbehinderte Kläger K hat vom August 1998 bis Februar 2000 Militärdienst beim türkischen Militär in Ostanatolien geleistet. Nach seinen Angaben herrschte dort seinerzeit Krieg; er habe in den Bergen bei Wind, Kälte und Nässe gegen die PKK gekämpft. Er leidet an einer chronischen Lungenerkrankung, die er auf diese Verhältnisse zurückführt. Seit 2000 lebt er in der Bundesrepublik Deutschland und steht seit 2010 im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II („Hartz IV“).
K beantragte mehrfach die Gewährung einer Beschädigtenrente und machte geltend, aufgrund des türkischen Militärdienstes an einem Bronchialasthma, chronischer obstruktiver Lungenerkrankung und einer Lungenfunktionseinschränkung zu leiden. Im Gegensatz zum normalen Zeitsoldat habe er 12 Stunden Wache ohne Pause oder Ablösung halten müssen. Seine Erkrankung resultiere aus diesen langen Wachzeiten bei starkem Wind, Kälte und Nässe. Aufgrund der NATO-Zugehörigkeit der Türkei sei der Militärdienst in der Türkei mit dem Dienst in der Bundesrepublik Deutschland gleichzusetzen.
Das beklagte Land Baden-Württemberg lehnte die Anträge ab, zuletzt mit Bescheid vom März 2021: Eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) sei nur für Soldaten der Bundeswehr vorgesehen. Der Kläger begehre hingegen eine Versorgung nach dem SVG aufgrund seines Militärdienstes in der Türkei, sodass er nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis zähle. Die hiergegen beim Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom März 2022).
Der 6. Senat des Landessozialgerichts hat die Berufung des K zurückgewiesen: K, der zu keinem Zeitpunkt Dienst in der Bundeswehr geleistet habe, unterfalle nicht dem persönlichen Geltungsbereich des SVG. Auch Sinn und Zweck der Vorschriften rechtfertigten seine Versorgung nicht, nachdem dieser eben gerade nicht als Soldat im Dienste des deutschen Staates insoweit ein besonderes Opfer erbracht habe, welches unter dem Gesichtspunkt des Aufopferungsgedankens eine staatliche Leistungspflicht begründe. Er habe mit seinem Militärdienst vielmehr in einem Dienstverhältnis zum türkischen Staat gestanden. Zu keinem anderen Ergebnis führe, dass sowohl die Türkei als auch die Bundesrepublik NATO-Staaten seien. Dies gelte auch für den Fall, falls der Kläger (was dieser schon gar nicht behaupte) an einem NATO-Einsatz beteiligt gewesen wäre. Eine analoge Anwendung der Vorschriften scheide aus. Denn im Besoldungs- und Versorgungsrecht der Beamten komme dem Gesetzeswortlaut wegen der strikten Gesetzesbindung besondere Bedeutung zu. Das gelte in gleichem Maße für den Bereich des Soldatenversorgungsrechts. Auch kämen Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) bereits deshalb nicht in Betracht, weil es an jeglichen Anhaltspunkten für einen rechtswidrigen tätlichen Angriff fehle. Im Übrigen würden Ansprüche wegen vermeintlicher Taten im Ausland nach dem OEG auch deshalb scheitern, da der Kläger nach eigenem Bekunden den Militärdienst jedenfalls von 1998 bis 2000 verrichtet und sich damit mehr als sechs Monate außerhalb des Geltungsbereichs des OEG aufgehalten habe.
Hinweis zur Rechtslage:
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung seines Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. § 1 Abs. 1 SVG bestimmt zum persönlichen Geltungsbereich des SVG, dass dieses Gesetz für die früheren Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen gilt, soweit im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist. Hintergrund für die Gewährung der Versorgungsansprüche nach dem SVG ist das besondere Opfer, dass der Soldat im Dienste und im Interesse des deutschen Staates erbringt (sog. Aufopferungsgedanke). |