Simone Lehner ist Anleiterin für
Studierende in Stuttgart und gibt uns heute einen Einblick in ihre Aufgabe.
Guten Tag Frau Lehner,
was motiviert Sie die Anleitung von Praktikantinnen und Praktikanten zu
übernehmen?
Die Überzeugung, dass es wichtig ist, junge Leute in unserem Beruf
auszubilden, sei es allgemein in der Sozialen Arbeit oder speziell in der Bewährungshilfe.
Die Dankbarkeit meinen damaligen Anleiterinnen gegenüber, von denen
ich während meiner zwei sechsmonatigen Praxissemestern viel gelernt habe.
Und ich erkläre gerne, was unsere Aufgaben sind, wie unsere Arbeit in
den größeren Rahmen passt und wie wichtig eine möglichst vertrauensvolle Beziehungsgestaltung für die Arbeit mit den
Klientinnen und Klienten ist.
In welchen Bereichen sehen Sie die Anleitung als Bereicherung
Ihrer Arbeit?
Den Austausch über meine Klientinnen und Klienten finde ich sehr
hilfreich. Praktikantinnen und Praktikanten können manchmal einen Blick für Aspekte haben, die ich selbst noch nie bemerkt oder
aus dem Fokus verloren habe.
Und wenn wir beim Gespräch zu dritt sind, zeigt sich manchmal eine
andere Seite der Klientin oder des Klienten. Ich finde es auch bereichernd, wenn man zu zweit Hausbesuche durchführen kann, gemeinsam
zu Gerichtsverhandlungen geht usw. Eine Situation ist mir noch gut in Erinnerung: Damals fanden wir einen Klienten in einer Notsituation
und ich war froh, dass die Praktikantin den Rettungsdienst rufen und ihnen den Weg von der Straße in die richtige Ecke des
verwinkelten Hauses zeigen konnte, während ich beim Klienten blieb – wobei eine solche Situation für uns alle hoffentlich
eine große Ausnahme bleibt.
Außerdem werden wir von den Praktikanteninnen und Praktikanten in
der alltäglichen Arbeit unterstützt. Je nachdem wie lange das Praktikum dauert, können sie ein paar oder mehrere Aufgaben
übernehmen. Manches, wie z.B. dokumentieren, telefonieren oder Internetrecherche ist meistens recht schnell selbständig
möglich. Klientinnen und Klienten fallverantwortlich unter Aufsicht zu betreuen wiederum, nur bei längeren
Praktikumszeiten.
Was war Ihr persönliches
Highlight in der Anleitung bisher?
Ein besonderes Highlight fällt mir nicht ein; es ist eher die
Erfahrung, zu sehen, wie jemand in die Arbeit hineinwächst und einfach das gemeinsame Arbeiten.
Was würden Sie Kolleginnen
und Kollegen raten, wenn sie sich überlegen Anleiterin oder Anleiter zu werden?
Bei Interesse würde ich mit der Anleitung einer Hospitation oder
kurzen Praxisphase beginnen: Studierende der Dualen Hochschule müssen z.B. ein dreimonatiges Fremdpraktikum absolvieren. Wenn es
Fragen gibt, mit Kollegeninnen und Kollegen sprechen, die Anleitungserfahrung haben. Hilfreich ist es einer oder einem in der Abteilung
oder Einrichtung tätigen Praktikantin oder Praktikanten anbieten, z. B. zu einer Gerichtsverhandlung mitzukommen – in Absprache
mit der zuständigen Anleiterin oder des Anleiters.
Und daran denken, dass man nie alles perfekt machen kann. Man wächst
mit seinen Aufgaben, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Klingt abgedroschen, ist aber so.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit
den Hochschulen aus?
Ich habe immer gerne die von allen Hochschulen angebotenen
Anleitertagungen besucht. Ich würde zur Teilnahme ermutigen, weil dies immer eine Möglichkeit zum Austausch und zur
Horizonterweiterung sind. Während dieser Tagungen gab es auch schon spezielle Seminare für neue Anleiterinnen und
Anleiter.
Sie teilen sich ja die Anleitung
mit einer Kollegin. Welche Vorteile bringt dieses Konzept aus Ihrer Sicht?
Unsere derzeitige Praktikantin lernt die Arbeit in der
Bewährungshilfe in Stuttgart und in einer Sprechstelle in einer viel kleineren Stadt kennen, sowie unsere unterschiedlichen
Arbeitsstile, wobei sich diese nicht zu sehr unterscheiden. Vielleicht eher, wie jeder seine eigene Persönlichkeit und Lebenserfahrung
mitbringt, denn Authentizität ist so wichtig.
Für uns Anleiterinnen ist die geteilte Anleitung eine gewisse
Erleichterung, weil jede von uns ein oder zwei Tage ohne Praktikantin zum konzentrierten Arbeiten hat und Klientinnen und Klienten sehen
kann, bei denen es eventuell besser ist, die Gespräche alleine zu führen. In Stuttgart steht immer ein Ausweichbüro zur
Verfügung, wo die Praktikantin selbständig Aufgaben erledigen kann, aber in der Sprechstelle kann das schwieriger
sein.
Wegen der Corona-Einschränkungen ist gerade leider alles etwas
komplizierter, aber wir sind froh, dass das Praktikum nicht abgebrochen werden musste.
Vielen Dank für das
Gespräch Frau Lehner.